haltern, rathaus  17.6.2016 Rede zur ausstellung

 

danke an die stadt haltern, dass ich hier sein kann

danke ihnen, frau schlierkamp für die freundliche begrüßung  

danke an die wunderbare musikalische umrahmung durch die mitglieder der musikschulen

 

Der klang von farbe – über die fuge

So lautet der titel dieser ausstellung.  Warum dieser titel?

Was habe ich mir gedacht, als ich mich für diesen text entschied?

Ich möchte versuchen ihnen das zu erklären..

Zu allererst treffen wir in diesem satz auf das wort klang – und  anstatt klang könnten wir auch das wort ton verwenden, und schon sind wir bei der beziehung des klangs zur farbe angekommen – spricht man doch wie selbstverständlich vom farbton, wenn man den charakter einer farbe beschreiben möchte , und nicht von ungefähr wird der klang und die farbe  zusammenhängend erwähnt, sind  doch beide schwingungen, die eine sichtbar, die andere hörbar. Physikalisch können wir bekanntlich jeder farbe einen speziellen ton zuordnen.

es gibt menschen, die hören einen ton, wenn sie eine farbe sehen, und andere, die sehen eine farbe, wenn sie einen ton hören. Das kann ein wahrer farbenrausch werden, und schon taucht beim farbenrausch wieder die beziehung auf zwischen dem sichtbaren, der farbe, und dem hörbaren, dem rauschen. Was ist mit diesen menschen, die über solche fähigkeiten verfügen, menschen, die farben hören und töne sehen können?

 Sind sie speziell, hypersensibel, oder verfügen sie über wahrnehmungen, die die meistens von uns längst verloren haben.?

Eichendorff dichtete noch: schläft ein lied in allen dingen, die da träumen fort und fort………

Es schien in früheren zeiten selbstverständlich gewesen zu sein, die musik in den dingen und folglich auch in den farben gespürt zu haben, klang und farbe zusammenhängend  gesehen, bzw. gehört zu haben, ja alles ganzheitlicher erlebt zu haben.

Bereits vor 2000 jahren, in keinem geringeren buch als der bibel heißt es beim apostel johannes:  im anfang war das wort,

dann weiter: und das licht scheint in der finsternis.

schon in der schöpfungsgeschichte die enge beziehung zwischen dem wort, dem klang, und dem licht, der farbe.

Doch es geht noch weiter: denn der ton hat eine doppelte bedeutung: steht er doch  sowohl für den klang als auch für ein material, den ton des töpfers,  also etwas  formbares,  tastbares, etwas das wir mit unseren händen formen können;  vom zu-hören über das be-greifen bis zum ver-stehen, der ganze mensch einbezogen von kopf bis fuß.

Ja die hände werden sogar selbst zum erzeuger wiederum  hörbarer töne, das klatschen von rhythmen, die archaischste form der musik.

sogar einen klangteppich können wir hören – hier taucht das materiehafte wieder auf, einen teppich hören, ja, er ist eine verwebung, vernetzung, verdichtung und zurück zum klang  – tonale dichtung.

Haben sie schon einmal töne über ihre haut gespürt? Dieses vibrieren körperlich erlebt, vor den bässen einer disco?

ist nicht auch unser auge letztlich ein tastorgan – unser blick tastet etwas ab, wir mustern etwas mit unserem blick, es fällt uns ins auge und schließlich bleiben wir mit den augen daran hängen.

 

Soweit die beziehung von klang und farbe.

was ist nun über die fuge zu sagen?

Auch hier wieder ein schwingender und ein materieller aspekt, ein wort mit doppelter bedeutung: die fuge in der musik – bach hat sie meisterhaft entwickelt – und die fuge im umgang mit materialien – z.b. in der baukunst.

Die fuge trennt die dinge voneinander, und gleichzeitig ist sie doch  auch verbindend, die verfügung ist ver-bindlich, es fügt sich zusammen was passt, die fliesenfuge ist nötig, ist voraussetzung, damit  überhaupt ein muster auf der fläche entstehen kann und nochmal die fuge bei bach: eine kompositionsform, eine wiederhohlung, versetzt, aneinandergereiht: ein thema ertönt, eine zweite stimme fällt ein, versetzt eine dritte, sie treffen sich für einen augenblick und laufen schon wieder auseinander, verwebung eines schlichten themas, steigerung der wiederhohlungen bis man kaum noch in der lage ist das einzelne instrument heraus zu hören.

fuge und wiederhohlung und vervielfältigung, sie sind eins.

wenn sie sich nun meine bilder anschauen, dann sehen sie dort genau das: die ständige wiederhohlung einer einzigen, schlichten grundform, ein tropfen, eine sichel, ein punkt.  Es ist die vervielfältigung des einzelnen, die verdichtung, die vernetzung, so das  nach und nach strukturen entstehen.

 In der Berührung untereinander, im Kontakt miteinander, in der teilweisen mal mehr, mal weniger starken Überlagerung und Durchdringung entsteht eine Struktur, die ich im Malprozeß nicht mehr steuern kann, die mit zunehmender Verdichtung des Bildes ihren eigenen Ausdruck findet. Ich möchte sagen, in gewisser weise malt das bild sich selbst, ich werde zurückgenommen, die komposition entsteht, entwickelt sich nach und nach, was wickelt sich denn dann da ab? sie ergibt sich, und wer ist dann der komponist? Ich  bin nur noch da um den zeitpunkt zu setzen, an dem es gestoppt werden muß.

Aus einer einzigen, völlig reduzierten, schlichten Grundform ergibt sich eine unglaubliche Vielfalt an Variationen, wird daraus ein endloses Spiel.

Ich danke für ihre aufmerksamkeit

 

 

Udo Homeyer haltern 2016